Wörgl (A) * 2007 * SPUR * 4 Wochen

In Erinnerung an das „Wörgler Experiment“ mit dem im Jahr 1934 erstmals eine Regionalwährung ausprobiert worden war, startete die Künstlergruppe WochenKlausur eine Diskursreihe über Geldexperimente an der sich internationale Wirtschaftsfachleute beteiligten.


Für Wörgl hat sich die WochenKlausur im Sommer 2007 ein theorielastiges Projekt einfallen lassen. Die Tiroler Gemeinde hatte 1932 - also zur Zeit der wirtschaftlichen Depression - weltweit als erste eine eigene Regionalwährung entwickelt, mit der die lokale Wirtschaft angeregt und die Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres um 25% gesenkt werden konnte. Das »Wunder von Wörgl« war allerdings bald vorbei: Die Österreichische Nationalbank ließ das Experiment gerichtlich stoppen, da ihr allein das Recht zustand, Geld zu drucken.

75 Jahre nach dem Wörgler Geldexperiment werden Regionalwährungen wie der Sterntaler (Berchtesgadener Land), der Roland (Bremen) oder der WIR (Schweiz) immer populärer, denn nach wie vor suchen viele Menschen nach Alternativen zu aktuellen Wirtschaftsordnungen: regionale wie globale, pragmatische und utopische. Manche setzen neuerlich auf Regionalwährungen oder Tauschringe, deren Notwendigkeit und Nutzen aber umstritten sind, andere auf die Neugestaltung der Finanzmärkte und die steuerliche Gleichbehandlung von Kapital- und Arbeitseinkommen.

Um der Sehnsucht, nach vernünftigem, weitsichtigem und sozialem Wirtschaften nachzugehen, hat die WochenKlausur international renommierte WirtschaftsexpertInnen zu einem "Diskurs als Kette" eingeladen. Die Kette begann mit einem Text des Wirtschaftsanalytikers Helmut Creutz. Er verteidigte die Regiowährung und wünschte sich Ähnliches auch heute. Dem widersprach der Schweizer Wirtschaftsprofessor Gebhard Kirchgässner von der Universität St. Gallen. Ihm wiederum antwortete Brigitte Unger von der Universität Utrecht, ihr folgte Götz Werner (Chef der Drogerienkette dm), dann Stephan Schulmeister (Wirtschaftsforschungsinstitut) und Adalbert Evers, Professor in Gießen. Wie bei der "Stillen Post" wanderte die Textkette von einer zum anderen.

Die AutorInnen erhielten übrigens kein Honorar im herkömmlichen Sinn für ihre Arbeit. Ganz im Stil des alten Tauschhandels, bekamen sie einen Karton zugesandt, mit exklusiven Waren aus der Region rund um Wörgl. Das allein schon hat Guido Hülsmann von der Universität Anger gereizt, mitzumachen. Die Texte sind bereits veröffentlicht und können bis zum aktuellen Beitrag auf weitsichtig-wirtschaften.woergl.at nachgelesen werden, beziehungsweise online auch in der österreichischen Tageszeitung Der Standard und der deutschen Wochenzeitung Die Zeit.

Die weitere Organisation des Projekts hat eine Arbeitsgruppe unter Günther Moschig vom Kunstverein SPUR in Wörgl übernommen.

Anna Böger, Carolin Eidner, Claudia Eipeldauer, Martin Plattner, Wolfgang Zinggl