Graz (A) * 2003 * Kulturhauptstadt Graz 03, sinnlos * 8 Wochen

Im Rahmen der Kulturhauptstadt Graz 2003 entwickelte die WochenKlausur ein Jahresprogramm für geistig schwerbehinderte, alte Menschen. Damit sollten den Betroffenen auch Aktivitäten außerhalb des Heims, wie organisierte Besuche, beispielsweise bei Firmen, Vereinen und Veranstaltungen ermöglicht werden.


Im Pflegezentrum Kainbach leben etwa 600 geistig schwer- oder mehrfach behinderte, zumeist ältere Menschen. Viele von ihnen haben keinerlei Abwechslung mehr im Alltag, erhalten keine Besuche, können mit Verwandten keinen Ausflug machen, verlassen das Heim also nie. Das Personal ist völlig ausgelastet und kann keine zusätzlichen Aufgaben übernehmen.

Die Künstlergruppe entwickelte ein Jahresprogramm, das den BewohnerInnen Aktivitäten – auch außerhalb des Heims - ermöglichte. Die unterschiedlichen Interessen der KlientInnen, vor allem aber ihre spezifischen Behinderungen und die dadurch entstandenen Defizite machten es notwendig, maßgeschneidert Programme zu entwickeln, die auf individuelle Fähigkeiten, Möglichkeiten und Schwierigkeiten der KlientInnen eingehen. Die Gruppe erarbeitete also eine möglichst große Auswahl an potentiellen Aktivitäten, denn es gab kaum eine Grenze, was die Vielfalt von möglichen Anregungen betraf.

Zahlreiche Firmen, Institutionen, Vereine und private Personen wurden angefragt, ob sie einen Tag im Jahr aufbringen könnten, um gemeinsam mit einer kleinen Gruppe der BewohnerInnen des Pflegezentrums etwas zu unternehmen.
Und tatsächlich haben über fünfzig der Angefragten grundsätzlich zugesagt, allerdings um Betreuung gebeten und um Hilfe bei der detaillierten Planung möglicher Aktivitäten. Gemeinsam mit der WochenKlausur wurde für jede Woche von Mai 2003 bis Mai 2004 eine andere Veranstaltung entwickelt. Auf diese Weise konnte für ein ganzes Kalenderjahr ein Programm erarbeitet entwickelt werden.

Beispiele:
• Der Verein für Aquarien und Terrarien hat ein Picknick an den Bründlteichen veranstaltet, mit den Gästen Wasserproben analysiert, Frösche und Fische bestimmt.
• Die Steirische Motorflugunion hat mit einer Gruppe aus Kainbach zuerst im Hangar am Flugsimulator geübt und im Anschluss zu einem Rundflug über Graz eingeladen.
• Der Fußballklub GAK hat seine Gäste in die Spielerkabinen und auf den Rasen gebeten, bevor sie im Spiel gegen Salzburg die Daumen gedrückt haben.
• In der Schokoladefabrik Zotter wurde mit den Gästen nach einer Führung über eine neue Schokoladenkreation nachgedacht.
• Im Studio der Werkstadt Graz wurden elektroakustische Beiträge für die Marathon-Medaille 2003 aufgenommen.

Im Jahr 2004 erhielt die WochenKlausur den internationalen Preis für sozialpolitische Kultur- und Kunstprojekte (www.evolutionaere-zellen.org). Mit dem Preisgeld konnte das Programm für ein weiteres Jahr organisiert werden. Viele Partnerinstitutionen haben danach zugesagt, künftig in jedem Jahr einen Tag für die KlientInnen aus Kainbach zu verwenden und ein entsprechendes Programm anzubieten.
Padma Bhatt, Barbara Dirnberger, Claudia Eipeldauer, Petra Kickenweitz, Martina Reuter, Wolfgang Zinggl (Konzept: Pascale Jeannée)